Neues vom JSPS-Club 01/2012

 

Erstes Treffen der in Japan arbeitenden Clubmitglieder im Oktober 2011

von unserem Club-Vorsitzenden Prof. Dr. Heinrich Menkhaus

Dass Japan einen attraktiven Arbeitsmarkt für Wissenschaftler hat, braucht angesichts der herausragenden wissenschaftlichen Bedeutung Japans nicht eigens betont zu werden. Es ist deshalb auch keineswegs überraschend, dass viele Clubmitglieder in Japan tätig sind. Ihre Zahl hat sich durch die Auswirkungen des Erdbebens in der Region Tōhoku vom 11. März 2011 kaum verändert. Der Clubvorstand hatte sich deshalb schon längere Zeit Gedanken darüber gemacht, wie diese Mitglieder, die nicht regelmäßig an den Veranstaltungen des Clubs im deutschsprachigen Raum teilnehmen können, am besten zusammenzuführen sind. Eine erste Clubaktivität in dieser Richtung war die Vereinbarung der Mitveranstaltung des schon seit vielen Jahren existenten Wissenschaftlichen Gesprächskreises (WGK) des DAAD-Büros in Tokyo im Jahre 2008. Diese Zusammenarbeit läuft seit Anfang des Jahres 2009 durchgehend sehr erfolgreich. Aber es sollte wie im deutschsprachigen Raum eben auch eine Veranstaltung geben, die nur für Mitglieder gedacht ist. Diese wurde mit dem 1. Treffen der in Japan arbeitenden Clubmitglieder am 24. Oktober 2011 verwirklicht.

Nach der Mittagspause sprach der Leiter des JSPS-Büros in Bonn, Prof. Dr. Kodaira Keiichi, der sich zufällig in Japan aufhielt, sein Grußwort. Danach begann die geplante Diskussion, in der indes nur ein Bruchteil der angesetzten Fragen angesprochen werden konnte. Zur Außendarstellung des Clubs wurde angeregt, einen Text in den beliebten sog. social networks wie etwa Facebook zu platzieren. Die Anstellungschancen für ausländische Wissenschaftler in Japan hätten sich im Rahmen der „Global 30“ genannten Exzellenzinitiative des japanischen Ministeriums für Erziehung und Wissenschaft (Monbu Kagakushō) erweitert. Im Rahmen des Programms sind bisher 13 Universitäten ausgewählt worden, die die Globalisierung als Herausforderung erkannt haben und entsprechend Lehrprogramme in Fremdsprachen anbieten. Ob man indes das angestrebte ehrgeizige Ziel, Japan zu einem führenden Ausbildungsstandort der Erde zu machen, erreichen wird, sei noch nicht abzusehen. Der Club jedenfalls könne sich an dieser Entwicklung beteiligen, in dem die Clubmitglieder in Japan ganz bewusst die Betreuung deutschsprachiger Nachwuchswissenschaftler an ihren Lehrstühlen oder in ihren Forschungslabors anböten.

Nach dem Ende der Diskussionsrunde nahmen die Clubmitglieder an einer der regelmäßig stattfindenden Orientierungsveranstaltungen von JSPS für neueingetroffene Stipendiaten aus allen Ländern teil. Im Rahmen eines anteilig aus der Clubkasse bezahlten Empfangs hatten sie Gelegenheit, sich mit den Neustipendiaten zu unterhalten und über ihre eigene Karriere bzw. die Mitgliedschaft im Club Auskunft zu geben. Der Tag schloss mit einer Teilnahme am Wissenschaftlichen Gesprächskreis, den das DAAD-Büro Tokyo zusammen mit dem Club organisiert hatte. Es wurde die einhellige Meinung geäußert, diese Treffen regelmäßig stattfinden zu lassen. Deshalb auch hier wieder die Bitte um rechtzeitige Mitteilung einer geplanten Japanreise an den Verfasser, damit sichergestellt ist, dass auch die nur vorübergehend in Japan anwesenden Mitglieder des Clubs an diesen Treffen teilnehmen können.

 

Der Wissenschaftliche Gesprächskreis (WGK) im Jahre 2011

von unserem Club-Vorsitzenden Prof. Dr. Heinrich Menkhaus

Im Jahre 2008 konnte der Club mit dem DAAD-Büro Tokyo, das seinerzeit von Frau Dr. Irene Jansen geleitet wurde, vereinbaren, dass der Club Mitveranstalter des schon seit vielen Jahren erfolgreich laufenden Wissenschaftlichen Gesprächskreises wird. Anfang des Jahres 2009 bestritt der Verfasser den ersten Vortrag in diesem neuen Format. Mittlerweile ist das dritte Jahr der Zusammenarbeit erfolgreich abgeschlossen worden. Die Zusammenarbeit mit dem neuen Leiter des DAAD-Büros in Tokyo, Herrn Dr. Holger Finken, verläuft ebenso angenehm wie die mit seiner Mitarbeiterin Frau Sabine Yokoyama, die diese Veranstaltung schon seit vielen Jahren betreut. Der Club hat insbesondere dafür zu danken, dass der DAAD die Kosten für den auf den Vortrag folgenden Empfang alleine schultert.

Im Jahre 2011 haben insgesamt drei Vorträge stattgefunden. Zwei wurden von Clubmitgliedern bestritten. Am 7. Februar 2011 eröffnete Clubmitglied Alexander Witzke den Reigen mit einem Beitrag zu: „Erfolgs- oder Auslaufmodell? Chancen und Herausforderungen der Verlängerungen individueller Erwerbsbiographien im Rahmen betrieblicher Fortbeschäftigungssysteme.“ Am 30. Mai 2011 schloss sich der Vortrag von Clubmitglied Dr. Sven Stadlbauer über „Polyphenole im Grüntee – Wirkstoffe mit medizinischem Potential“ an. Den Abschluss bildete Helmut Völter am 24. Oktober 2011 mit dem Thema „Masanao Abes Wolkenphotographien“ an. Der letzte Termin war bewusst gewählt worden, um allen Teilnehmern des an diesem Tage stattfindenden 1. Treffens der in Japan arbeitenden Clubmitglieder eine Teilnahme zu ermöglichen.

Für das Jahr 2012 sind schon die ersten beiden Vorträge festgelegt. Clubmitglied Prof. Dr. Roza Maria Kamp wird am 26. März 2012 über „Muskeldystrophie und Allergie“ sprechen. Im Mai folgt dann Clubmitglied Prof. Dr. Christian Schönbach. Der Verfasser möchte an dieser Stelle erneut alle Clubmitglieder bitten, sich vor einer anstehenden Japanreise rechtzeitig bei ihm zu melden, damit ein Vortrag im Rahmen des Wissenschaftlichen Gesprächskreises geplant werden kann.

 

JSPS Orientations

von unserem Club-Vorsitzenden Prof. Dr. Heinrich Menkhaus

Unter der Bezeichnung JSPS Orientations werden im Jahr bis zu sieben Veranstaltungen von JSPS in Tokyo durchgeführt, die tatsächlich der Orientierung der neu ins Land gekommenen JSPS-Stipendiaten aus allen Ländern dienen. Auf Englisch werden die Teilnehmer mit der Organisation und Funktionsweise von JSPS ebenso vertraut gemacht wie mit Besonderheiten der japanischen Kultur. Daneben gibt es Erfahrungsberichte von Stipendiaten, die schon einige Zeit im Lande arbeiten. Der Verfasser ist früher mehrfach um so einen Erfahrungsbericht gebeten worden, mittlerweile aber schon so lange auf der anderen Seite des Lehrpultes tätig, dass sich die Perspektive verschoben hat.

Stattdessen ist ihm im Rahmen der Orientations eine neue Rolle zugefallen. Seit drei Jahren wird in diesen Veranstaltungen nämlich auch immer das Netzwerk der JSPS-Alumnivereinigungen auf der Erde vorgestellt. Das macht der Verfasser im Wechsel mit dem Vorsitzenden des indischen Clubs, der auch in Japan arbeitet. Bei der Einführung des Verfassers als Referent wird der deutsche Club immer über alle Maßen gelobt, als die erste Gründung und als Vorbild für alle anderen Clubs, vor allem, was die vom Club entwickelten Formate für mögliche Aktivitäten angeht. In der sich an den Vortrag anschließenden Fragerunde werden regelmäßig von Stipendiaten aus Ländern oder Sprachräumen, in denen es noch keine Alumnivereinigungen gibt, Fragen nach den finanziellen Bedürfnissen einer solchen Vereinigung gestellt und ob man, solange noch kein eigener Verband gegründet sei, nicht auch bei anderen Mitglied werden könne. Die Frage, ob es sinnvoll sei, eine solche Alumnivereinigung zu haben, ist hingegen nie gestellt worden.

 

JSPS-Club-Infostand in Tokyo anlässlich der 150-Jahrfeier am 23. Oktober 2011

von unserem Club-Vorsitzenden Prof. Dr. Heinrich Menkhaus

Die Feierlichkeiten zum 150. Jubiläum der deutsch-japanischen diplomatischen Beziehungen fanden ihren Höhepunkt in einer großen Party, die am 23. Oktober 2011 auf dem Gelände der Deutschen Botschaft in Tokyo und dem angrenzenden Arisugawa-Park stattfand. Die Feier wurde vom Bundespräsidenten selbst eröffnet, der zeitweilig den japanischen Kronprinzen als Gast willkommen heißen konnte.

Neben der Präsentation deutscher Produkte und deutscher Leckerbissen konnte sich auch die deutsche Wissenschaft darstellen. Der JSPS-Club kam am gemeinsamen Stand des DAAD und der Deutschen Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens (OAG) unter. Das Interesse an den deutschen Einrichtungen erwies sich auf japanischer Seite als recht groß, insbesondere, wenn erkennbar wurde, dass man Fragen auch auf Japanisch stellen oder sein gelerntes Deutsch mit einem Deutschen praktizieren konnte.

Dem DAAD und der OAG ist an dieser Stelle für die großzügige Unterbringung an ihrem Stand zu danken.

 

Verabschiedung von JSPS-Präsident Ono Motoyuki

von unserem Club-Vorsitzenden Prof. Dr.Heinrich Menkhaus

Am 30. September 2011 ging die über achtjährige Amtszeit von JSPS-Präsident Ono Motoyuki zu Ende. Dies nahm der Verfasser zum Anlass, ihm im Namen des JSPS-Clubs für die vielfältige Unterstützung des Clubs und seiner Aktivitäten mit einem Buch über die Märchenstraße in Deutschland zu danken. Herr Ono war wie seine beiden Vorgänger Ōsaki Hitoshi (1990–2000) und Satō Teiichi (2000–2003), die die Arbeit des 1995 gegründeten Clubs ebenfalls stets wohlwollend begleiteten, ein Beamter aus dem japanischen Ministerium für Erziehung und Wissenschaft. Er wechselte an die Josai-Universität als Leiter der Graduiertenschule. Sein Nachfolger als Präsident ist erstmals ein Wissenschaftler, nämlich Prof. Dr. Anzai Yuichirō, der an der Technischen Fakultät der privaten Universität Keiō Gijuku in Tokyo lehrte.

 

Aufnahme von Clubmitglied Prof. Dr. Tanaka Yasuo in die Japanische Akademie der Wissenschaften

Unser Clubmitglied und ehemalige Leiter des Bonner Büros der JSPS, Prof. Dr. Tanaka Yasuo, ist im Dezember 2011 in die Japanische Akademie der Wissenschaften (Nippon Gakushiin) berufen worden. Da nach der Rechtsgrundlage dieser Einrichtung nur 150 Personen berufen werden können und die Ernennung auf Lebenszeit erfolgt, kann man ermessen, welche hohe Auszeichnung Tanaka erhalten hat. Nach dem Erhalt des Kulturpreises (bunka kōrōshō) der japanischen Regierung und des Verdienstordens des Landes Nordrhein-Westfalen, beide im Jahre 2010, ist dies eine weitere besondere Ehrung. Der Club gratuliert herzlich.

 

Ehrendoktorwürde für Bundesministerin Prof. Dr. Annette Schavan von der Meiji-Universität

von unserem Club-Vorsitzenden Prof. Dr. Heinrich Menkhaus

Auch an einigen Universitäten in Japan fanden im Jahre 2011 Feiern zum Jubiläum „150 Jahre deutsch-japanische diplomatische Beziehungen“ statt. Der alle Fachbereichs- und Graduiertenschulen überspannende wissenschaftliche Arbeitskreis Deutschland an der Meiji-Universität, deren Vorsitzender der Verfasser ist, organisierte insbesondere zwei Veranstaltungen. Zum einen den „German Day“ am 3. Juni 2011, an dem der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Japan, Dr. Volker Stanzel, die Festrede zum Jubiläum hielt, sich die deutschen wissenschaftlichen Institutionen mit Standort in Japan vorstellten und einige japanische Hochschullehrer über ihre Erfahrungen mit dem Studium in Deutschland bzw. ihren gegenwärtigen Forschungskooperationen mit deutschen Kollegen berichteten. Bei der anderen Veranstaltung am 3. Oktober 2011, dem Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung, konnte die Meiji-Universität die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Frau Prof. Dr. Annette Schavan, und eine große Delegation von Leitern verschiedener Forschungseinrichtungen in Deutschland begrüßen. Frau Schavan nahm die Ehrendoktorwürde, die ihr auch im Rahmen der Feierlichkeiten zum 130-jährigen Jubiläum der anfangs als Rechtsschule des französischen Rechts gegründeten Meiji-Universität, die seit dem Jahre 2010 die beliebteste private Hochschule Japans ist, mit sichtbarer Freude entgegen und bedankte sich mit einer mitreißenden Rede an die in großer Zahl versammelten Studierenden über die Freiheit und die Chancen der Wissenschaft.

 

Der ganz normale Wahnsinn: Schneechaos in Sapporo

von unserem Club-Mitglied Prof. Dr. Olaf Karthaus (Makromolekulare Chemie, Chitose Institute of Science & Technology)

Das Haus von Familie Karthaus im Winter

Ich komme gerade vom zweiten Schneeschaufeln heute zurück. Ein bisschen Bewegung ist gut, um die strammen Muskeln nach zwei Tagen Skifahren wieder zu lockern. Der erste Schnee fällt hier typischerweise schon im Oktober und die letzten Reste der insgesamt über fünf Meter, die sich pro Saison niederschlagen, schmelzen erst im April. Sapporo ist die Stadt mit dem inoffiziellen Schneefallweltrekord. Nirgendwo sonst auf der Welt müssen/können/dürfen zwei Millionen Menschen mit so viel weißer Pracht leben.

Wenn man die Häuser im Historischen Freilichtmuseum zur Erschließung von Hokkaidō (Hokkaidō Kaitaku no Mura) sieht, kann man sich vorstellen, dass sich das Hilfsverb des letzten Satzes im Laufe der Zeit sehr wohl geändert hat. Heutzutage mit Zentralheizung, doppelter Fensterverglasung, Straßenheizung vor dem Haus und einem vorzüglichen Schneeräumdienst (der allerdings auch ein Loch von 150 Millionen Euro in die städtischen Kassen reißt) ist der Schnee mehr Segen als Fluch.

Der Segen der weißen Wonne ist immens und zieht sich über das ganze Jahr hin, da die Schneeschmelze im Frühling für wunderbare touristische Raftingerlebnisse sorgt. Es ist also nicht nur das weltberühmte Schneefest, das seit 1950 jedes Jahr im Februar stattfindet, das die Touristen anlockt.

Der regelmäßige Schneefall versorgt Hokkaidō auch mit genügend Grundwasser das ganze Jahr über. Wir leben am Fuße des Teineyama und, obwohl nur 10 km vom Stadtzentrum entfernt, beziehen wir unser gesamtes Trink- und Brauchwasser aus unserem eigenen Brunnen.

Die Stadtbevölkerung muss auch immer weniger über eisglatte Straßenkreuzungen schlurfen (die beste Methode, sich nicht langzulegen, sind Trippelschritte, bei denen die Füße, nur ein wenig angehoben, mit der ganzen Sohle aufgesetzt werden) und bewegt sich bevorzugt unterirdisch. Es gibt ein immer größer werdendes Netz von unterirdischen Passagen, das sich zwischen dem Sapporo Bahnhof und Susukino ausdehnt. In nord-südlicher Richtung ist es 1,8 km lang und in ost-westlicher Richtung 1,2 km breit.

Die oben beschriebenen Straßenheizungen an kritischen Kreuzungen führen auch zu weniger Auffahrunfällen, so daß sich die betriebswirtschaftlichen Kosten dafür sehr wohl volkswirtschaftlich rechnen. Trotzdem ist es angebracht, sich an ‚normalen‘ Kreuzungen auch bei grüner Ampel vor dem Losgehen oder -fahren zu versichern, ob nicht doch noch jemand mit blockierten Reifen von der Seite ‚durchrutscht‘.

Screenshot von Temperatur und Schneehöhe am 15.1.2011 in Chitose

Es wird sehr pragmatisch die Eigenverantwortung für Unfälle in den Vordergrund gestellt. Wer hinfällt oder einen Unfall verursacht, ist selber schuld, auch bei vereisten Straßen und Gehwegen. Spikes, die unter die Schuhsohlen gespannt werden, sind daher der Renner, nicht nur bei Touristen.

Ich organisiere jedes Jahr einen kurzen Studienaufenthalt von angehenden Chemikern und Chemikerinnen aus deutschen Hochschulen bei uns am Chitose Institute of Science and Technology (auch dieses Jahr wieder. Siehe auch www.daad.de/rise-weltweit/de/index.html). Manche mögen es kalt und kommen im Winter, um sich die Pracht mit eigenen Augen anzusehen, aber den meisten passt es im Sommersemester besser in den Studienplan. A propos Plan: ein Besuch im Winter kann auch ganz nach Reiseplan verlaufen, da der größte internationale Flughafen von Hokkaidō bewusst nach Chitose an die Pazifikseite der Insel gelegt wurde. Obwohl nur 40 km entfernt, schneit es dort nur halb so viel wie in Sapporo und die Start- und Landebahnen sind meistens offen. Die Kehrseite des blauen Himmels ist aber auch eine stärkere nächtliche Abkühlung.

Ich kann nur jeden einladen, sich diesen Wahnsinn einmal mit eigenen Augen anzusehen und nicht nur per Live-Webcam. Auch im siebzehnten Jahr in Hokkaidō bin ich immer noch begeistert, wenn auch manchmal der Rücken vom Schneeschippen schmerzt und einmal ein Laptop nach einem Gehwegausrutscher ersetzt werden musste.

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Es begann in Uji... Entwicklung eines Kooperationsnetzwerkes mit Japan, Teil 3

von unserem Clubmitglied Dr. Andreas Schaper (Philipps-Universität Marburg, Material Sciences Center)

Der Fuji (3.776 m), von Westen aus Flug NH1711 gesehen am 2. September 2006, gegen 11 Uhr

2. September 2006: Ankunft Chitose Airport Sapporo, via Osaka Kansai Airport, zur Teilnahme am 16th International Microscopy Congress ICM16, der unter dem Vorsitz von Prof. Iijima Sumio von der Meijo-Universität Nagoya stand.

Der Kongress mit mehr als 2500 Teilnehmern aus 55 Ländern bot eine einmalige Gelegenheit, neue Kontakte auch innerhalb Japans zu knüpfen. So lernte ich Prof. Fujiyoshi Yoshinori vom Department of Biophysics, Universität Kyoto, kennen, der einst am Institute for Chemical Research in Uji die hochauflösende Elektronenmikroskopie strahlungsempfindlicher Objekte mit 500 keV-Elektronen mitbegründet hatte. Im Anschluß an die Tagung besuchte ich ihn in seinem Labor auf dem main campus in Kyoto und bekam einen Einblick in die neuesten Arbeiten zur Elektronenkristallographie und Kryo-mikroskopie von Membranproteinen.

Natürlich gab es in Sapporo auch ein Wiedersehen mit Dr. Yoshioka Taiyo, das wir Tage danach in Kyoto fortsetzen konnten, gemeinsam mit Prof. Kawahara Yutaka, jetzt Department of Biological & Chemical Engineering, Universität Gunma. Bei dieser Begegnung ging es vorrangig um die Diskussion des anvisierten AvH-Projektes „Fabrication of regenerated silk fibroin-based scaffolds with accurately controlled structure and properties“. Als sehr nachhaltig erwies sich die Begegnung mit Kollegen aus Tsukuba, insbesondere mit Prof. Bando Yoshio und Prof. Dmitri Golberg, die 2009/2010 meine Gastgeber im Austauschprogramm von DAAD/JSPS beziehungsweise beim Bridge-Fellowship-Programm wurden.

Besonderer Höhepunkt des Kongresses war ohne Frage der Besuch des Kaiserpaares am 6. September, just dem Tag der Geburt des Enkels Prinz Hisahito. In der Konzerthalle „Kitara“ berichtete Seine Majestät der überraschten Zuhörerschaft über eigene Erfahrungen mit dem Scanning-Elektronenmikroskop bei seinen Forschungen über den Goby-Fisch Ende der 1980er Jahre in Kyoto.

Der Asahidake im Nationalpark Daisetsuzan, der höchste Berg von Hokkaidō (2.291 m)

Der zweite Platz, den unser Beitrag “Nano-Badminton” im wissenschaftlichen Fotowettbewerb im Bereich "non-biology" erzielte, bildete einen schönen Abschluß der Tagung. Danach brachen wir auf zu einer zweitägigen Exkursion in den sich langsam herbstlich färbenden Nationalpark Daisetsuzan mit seinen vielfältigen Wanderrouten, zahlreichen onsen und vielen friedlichen Braunbären.

Von Sapporo aus ging es nach Uji, an das Institute for Chemical Research, wo ich in Zusammenarbeit mit Prof. Kurata Hiroki Energiefilter- und Z-Kontrast-Untersuchungen mit dem JEM-2200FS an synthetischen Nanokompositen vorgesehen hatte. Wie auch bei dem vorangegangenen Aufenthalt berichtete ich in Seminarvorträgen über die eigenen Arbeiten; Diskussionspartner waren vor allem Profs. Isoda, Yamago, Kohjiya und Tsuji sowie ihre Mitarbeiter und Studenten.

Wann immer Zeit bleibt in Uji, ist es das Schönste, vom Institut aus die wenigen Stationen ins Städtchen zu fahren und dort auf den Stufen am Fluß Uji zu sitzen und ins schnell dahinfließende Wasser zu blicken, das aus dem Biwa-See herunterkommt, entlang dem Fluß durch den hübschen Ort zu streifen, sich in einem der zahlreichen Cafés ein Matcha-Eis servieren zu lassen oder in den einladenden kleinen Geschäften aus dem vielfältigen Sortiment zu wählen. Vor allem und immer wieder: grüner Tee! Kein Zweifel, Uji ist die Wiege des grünen Tees. Die Nachkommen des Samurai Tsuen Masahisa, der als Wächter der großen Uji-Brücke einst den ermüdeten Reisenden zwischen Nara und Kyoto Tee zur Stärkung anbot, betreiben in der 22. Generation das älteste Teegeschäft Japans.

Links: einer der Phönixe auf dem Dach des Tempels Byōdōin. Rechts: Denkmal für Murasaki Shikibu, die Schöpferin der Geschichte vom Prinzen Genji, auf der Westseite der großen Brücke über den Fluß Uji

Suzuki Noriko & Hisashi mit dem Autor im Shinsen’en, Kyoto

Idealer Ausgangspunkt für einen Rundgang ist der Platz Yume no Ukihashi („Brücke der Träume“) auf der Westseite der Uji-Brücke. An einer Brücke dieses Namens beginnen und enden die zehn Uji-Kapitel des berühmten Romans genji monogatari („Die Geschichte vom Prinzen Genji“). Jedem dieser Kapitel ist ein besonderer Erinnerungsort innerhalb von Uji gewidmet. Vor einigen Jahren wurde außerdem nahe dem Platz auf der Westseite der Brücke eine Skulptur zur Erinnerung an die Autorin der Geschichte des Prinzen Genji, Murasaki Shikibu (ca. 978–1014), errichtet. Von hier aus führt der Weg durch lebhafte Gassen direkt auf den 998 erbauten, ab 1052 dann als buddhistischen Tempel genutzten Byōdōin zu, der im ursprünglichen Zustand erhalten ist und 1994 zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt wurde – ein ganz einzigartiger Bau in wunderschöner Lage. Einer der Phönixe des Daches, dessen Original im Museum des Tempels zu sehen ist, ziert übrigens den 10.000-Yen-Schein. Von einem Spezialitätenrestaurant in der Nähe, in dem alle Speisen mit grünem Tee zubereitet sind, führt der Weg über Brücken und über die inmitten des Flusses gelegene Insel vorbei an der Steinernen Pagode zu den zahlreichen Sehenswürdigkeiten am östlichen Ufer, wie zu dem abgelegenen, durch die Azaleen- und Hortensienblüte im Mai/Juni berühmten Tempel Mimurotoji, dem Ujigami, dem ältesten Schrein Japans, oder zu dem in Verbindung von alter Legende und moderner Architektur äußerst gelungenen Genji-Museum mit seinem umfangreichen Informationsangebot.

Die Burg Shirasagijō in Himeji

Mit dem Super-Express der Keihan-Linie erreicht man von Uji aus in kurzer Zeit Kyoto. Ein freudiges Zusammentreffen gab es mit dem 'alten' Kollegen und Freund Suzuki Hisashi, wir verabredeten uns im Shinsen'en gegenüber Schloss Nijō zum Abendessen.

Dr. Suzuki ist Paläontologe und hatte Ende der 1990er Jahre in unserem Labor in Marburg sehr erfolgreich Radiolarien aus den Nördlichen Kalkalpen und aus Nordperu elektronenmikroskopisch untersucht. Heute hat er eine Professur an der Universität Otani in Kyoto inne.

Von Kyoto aus unternahmen meine inzwischen aus Deutschland nachgereiste Frau und ich verschiedene Ausflüge. Der eine führte uns zu der sehr bekannten und auch tatsächlich äußerst malerischen Burg des Weißen Reihers (Shirasagijō) in Himeji aus dem 17. Jahrhundert.

Ein anderer Ausflug ging zunächst nach Nagoya, um das Tokugawa-Museum zu besuchen, das unter anderem Papierrollen mit der ältesten erhaltenen Ausgabe der Geschichte vom Prinzen Genji aus dem 12. Jahrhundert beherbergt. Dort trafen wir uns auch mit Dr. Murase Jun, der längere Zeit am MPI für terrestrische Mikrobiologie in Marburg gearbeitet hat und danach Professor an der Graduate School of Bioagricultural Sciences der Universität Nagoya wurde. Schon wenige Monate nach diesem Treffen in Nagoya sahen wir uns in Marburg wieder. Mit dem Aufenthalt in Nagoya konnte ich ferner einen Besuch bei Prof. Tanaka Nobuo am EcoTopia Science Institute & Department of Crystalline Materials Science verbinden. Prof. Tanaka und seine Mitarbeiterin Dr. Hirahara Kaori waren die ersten gewesen, denen es gelungen war, mittels eines aberrationskorrigierten Hochauflösungs-Elektronenmikroskopes die Graphenstruktur von Kohlenstoff-Nanoröhrchen direkt abzubilden.

Trotz des Wunsches nach Frieden, den die Freiheitsglocke symbolisiert, brach während der New York Exposition 1939, auf der sie gezeigt wurde, der 2. Weltkrieg aus.

Von Nagoya aus fanden wir es höchst verlockend, mit der Fähre (Abfahrt in Tokoname) über die Ise-Bucht nach Toba weiterzureisen, um die berühmten Ise-Schreine „Gekū“ (Äußerer Schrein) und „Naikū“ (Innerer Schrein) aufzusuchen, die Nationalheiligtümer Japans. Die Überfahrt bei herrlichem Sonnenschein war ein Erlebnis, ebenso der Weg zu den Schreinen, die inmitten uralter, wunderbare Ruhe verströmender Zedernwälder liegen.

Selbstverständlich ließen wir es uns nicht nehmen, auch die Perleninsel Shinjūshima aufzusuchen, die Wirkungsstätte von Mikimoto Kokichi (1858–1954), dem „Perlenkönig“, und uns eine Vorführung des anstrengenden und gefährlichen Berufes der Perlentaucherinnen anzusehen.

Im angrenzenden Museum gehen einem die Augen über angesichts der aus der Tiefe des Meeres gewonnenen und kunstvoll bearbeiteten Schätze. Ein besonderes Stück der Ausstellung ist die mit 12.250 Perlen und 366 Diamanten besetzte 1:3 Nachbildung der Freiheitsglocke.

 

Japanisch-koreanisch-deutsche Tagung: „Aktuelle Fragestellungen des Delikts und Verfahrensrechts“

von unserem Clubmitglied Prof. Dr. em. Gerhard Ries (Universität München, Juristische Fakultät)
Ansprechpartner für japanische und koreanische Studenten und Wissenschaftler auf dem Gebiet der Jurisprudenz

Vom 11. bis 13. September 2011 fand an der Juristischen Fakultät der Universität München eine Tagung zu Fragen der Rechtsvergleichung zwischen Japan, Korea und Deutschland statt. Aktueller Anlass war das 150-jährige Jubiläum der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen dem Königreich Preußen und dem Japanischen Kaiserreich im Jahre 1861.

Die Juristische Fakultät der Universität München unterhält schon seit einigen Jahren ein Austauschprogramm mit der Ritsumeikan-Universität in Kyoto und der Seoul National University in Korea. Da Korea mit dem deutschen Zivilrecht über die Rezeption in Japan, die sich auf Korea ausgewirkt hat, verbunden ist, wurde auch das koreanische Recht in die Tagung einbezogen.

Im Delikts- und Verfahrensrecht kann Rechtsvergleichung besonders plastisch dargestellt werden. Ohne aufwändige begriffliche Vorklärungen können hier grundsätzliche Fragestellungen gegenübergestellt werden.

Von japanischer Seite referierten Arai Makoto („Warum streiten Japaner selten vor Gericht?“), Nishimura Shigeo („Kritische Bemerkungen zu japanischen Urteilen über die Behinderung des Müllwerkbaus durch das sog. Persönlichkeitsrecht“), Saito Hiroshi („Entwicklungen des Persönlichkeitsrechtsschutzes in Japan und Deutschland“) und Yamamoto Keizo („Rechtsvergleichende Untersuchungen zum japanischen und deutschen Leistungsstörungsrecht“). Ho Moon-Hyuck erläuterte zum koreanischen Zivilprozessrecht „Wege zur Beweislasterleichterung des Revisionsgerichts“.

Auf deutscher Seite stellte Gerhard Ries „Die Entwicklung der Beziehungen zwischen Japan, Korea und Deutschland in den letzten 150 Jahren“ dar. Vera von Pentz, Richterin am Bundesgerichtshof, sprach zu „Fragen der Neulandmedizin“. Walter Seitz, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht München a.D., behandelte das Thema „Vollstreckungsrecht im grenzüberschreitenden Bereich“. Jürgen von Gerlach, Richter am Bundesgerichtshof a.D., referierte über „Die Entwicklung des Persönlichkeitsrechts in Deutschland in jüngerer Zeit“. Walter Groß, Vizepräsident des Amtsgerichts Nürnberg und 1. Vorsitzender des Bayerischen Richtervereins, behandelte „105 Jahre Standesvertretung der Richter und Staatsanwälte in Bayern – Rückblick und Ausblick“. Über „Die Entwicklung der Produkthaftung in Deutschland“ sprach Johannes Hager.

Heinrich Menkhaus, Professor für Deutsches Recht an der Meiji University, stellte als Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft der JSPS-Stipendiaten e.V. diese Alumni-Vereinigung vor und betonte die Funktion der Japan Society for the Promotion of Science auch für die Zusammenarbeit in den Rechtswissenschaften.

 

Impressum

Herausgeber:
Deutsche Gesellschaft der JSPS-Stipendiaten e.V.
Redaktion: Prof. Dr. Katja Schmidtpott
Mitarbeit: Sabine Ganter-Richter, Meike Albers
Verantwortlich:
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Tel.: 0228/375050, Fax: 0228/957777
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