Nachlese von Götz Uebe

Die zweite Veranstaltung „Mitglieder laden Mitglieder ein“ fand, je nach Anreise, vom 7. bzw.8. Oktober bis zum 9. Oktober 2004 in Köln an der Universität statt. Frau Prof. Dr. Ingrid Fritsch hatte die Clubmitglieder in das Ostasiatische Seminar, Abteilung Japanologie, zu einem kulturgeschichtlichen Programm eingeladen, das die Umbruchzeit Japans vom Shogunat in die Moderne thematisierte. Aus der offensichtlich hervorragenden Zusammenarbeit von Ostasiatischem Seminar, der Deutsch-Japanischen Gesellschaft in Köln und dem Japanischen Kulturinstitut wurde den Teilnehmern ein Programm geboten, von denen jede der sechs Veranstaltungen ein wahrer Genuß war.

Das Treffen begann mit einer Aufführung des traditionellen Puppentheaters von Awaji im Japanischen Kulturinstitut am Abend des 7.10. Wer, wie sicher viele der Zuschauer – nicht nur der JSPS-Mitglieder – bereits in Japan war, weiß natürlich, daß dies kein Kasperle-Theater ist, sondern die lebendige Fortführung einer langen, klassischen und anspruchsvollen Theatertradition, einem Gesamtkunstwerk, einer Kombination von Mimik, Bewegung, „action“, Gesang und Musik. Besonders interessant war es – über die erstaunlich menschlich anrührenden Stücke hinaus –, daß der Leiter der Theatertruppe in einer Extra-Darbietung den Zuschauern erklärte, wie die halblebensgrossen Puppen jeweils von drei Künstlern bewegt werden.

Der eigentliche Teil des Treffens reichte dann vom Nachmittag des 8. Oktober bis zum Mittag des 9. Oktober. Als erste Hauptrednerin sprach die Leiterin der Abteilung Japanologie, Frau Prof. Dr. Franziska Ehmcke, über „Die Farbholzschnitte als Spiegel der bürgerlichen Kultur in Japans Vormoderne“, d.h. über die sich entwickelnde und hochpolitische Rolle des Farbholzschnittes beginnend im 18. Jahrhundert bis zum Ende des Shogunats. Auch hier ist ja der übliche japanische Farbholzschnitt – bekannt entweder aus dem persönlichen Tourismus in Japan oder aufgrund eines guten deutschen einheimischen Postkartenangebots – allzu oft in einem hübschen oder etwas bizarren Klischee erstarrt bzw. einsortiert. Wie Frau Ehmcke ganz deutlich machte, lagen die Dinge jedoch anders. In politischer Unmündigkeit gehalten wandte sich das unter der friedenerzwingenden Herrschaft reichwerdende Volk, insbesondere die Kaufmanschaft ihren Vergnügungen zu und stellte dies auch dar. So entstanden Bilder aus dem Privatleben, der Erotik, dem Theater, Landschaften und vermehrt Karikaturen der politischen Oberschicht. Die Regierung reagierte mit zunehmenden Zensurerlassen.

Die zweite Hauptrednerin Frau Prof. Dr. Ingrid Fritsch mit „Imaginationen japanischer Weiblichkeit zu Beginn des 20. Jhd’s. Mme. Sadayakko und Mme. Butterfly“ machte noch deutlicher, wie erschreckend klischeeverhaftet der „normale Europäer“, wie auch dieser Berichterstatter, Japan gegenüber ist oder war. Madame Butterfly, deren Gestalt belegterweise auch auf ein Treffen Puccinis mit einer japanischen Theatergruppe sowie italienische Zeitungskritiken dieser Gastspiele zurückgeht, ist ein völliges Zerrbild. Frau Fritsch erläuterte dies beeindruckend an dem Besuch jener Truppe von Madame Sadayakko, die teils von ihrem Theateragenten zu Zerrbildern ihrer eigentlichen Programme genötigt wurde, oder aus public relations Gründen Änderungen vornahmen, nach dem Motto: wenn die Zuschauer viele Harakiris sehen wollen, dann kriegen sie sie auch.

Nach diesen beiden hochinteressanten Vorträgen erfolgte eine Führung durch das Japanische Kulturinstitut, eines der drei Kulturinstitute (vergleichbar den deutschcn Goethe-Instituten oder den Amerikahäusern), die in Europa die Kultur Japans fördern; die beiden anderen sind in Paris und London.

Den Abend beschloß dann ein festliches Essen, zwar in der Mensa – man traut das Mensen nicht zu –, aber in der sagenhaft üppigen und großzügigen Weise, wie JSPS seine Stipndiaten stets eingeladen hat. Da kann man nur danken.

Am 9.10. vormittags trug dann als dritter Hauptredner Herr Karl-Heinz Meid von der Deutsch-Japanischen Gesellschaft in Köln mit „Eau de Cologne, Champagner, Schwerter und Kimonos – 1862 die ersten Japaner in Köln“ den beiden Vorrednerinnen entsprechende Überlegungen vor. Als die Regierungsdelegation des Shoguns 1862 durch Europa reiste und auch Köln besuchte, wurden die fremden Reisenden wie Zirkustiere bestaunt. Sie wurden nicht ernstgenommen und ganz als unzivilisierte Barbaren betrachtet. Daß das gleiche Land vierzig Jahre später mit guten Gründen ein europäisches Land (nämlich Rußland) sozusagen mit Leichtigkeit in die Tasche stecken würde, konnte sich niemand vorstellen. Auch dieser Vortrag von Herrn Meid zeigt, wie tief Arroganz und Klischee vorherrschten und vorherrschen können, etwas das auch noch heute ja nicht ungewöhnlich ist

Zum Abschluß erfolgte dann eine sachkundige Führung durch das Museum für Ostasiatische Kunst.

Schließlich gab es noch aus Mitteln des Vereins ein schönes gemeinsames Mittagessen im urigen Brauhaus Päffgen.

Last not least ist den Organisatoren, vor allen anderen Frau Professor Fritsch für dieses exzellente JSPS-Treffen zu danken.

Götz Uebe

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